"Arbeit ist die Folge der Erbsünde" seufzte meine fromme Oma mütterlicherseits oft und gern. Ich stelle ihre Sicht ungern in Frage, aber mindestens ein Aspekt am Erwerbsleben gefällt mir ausgezeichnet: der Arbeitsweg. Arbeit ist für mich deswegen unverzichtbar, weil sie mir Gelegenheit gibt, mich morgens aufs Rad zu schwingen und an den Arbeitsplatz zu eilen. Heute befindet sich dieser bei der Bummfilm, in Otterfing, 30 km südlich von München. Das Hörspiel "Ghostsitter" wird dorten eingesprochen, und so eile ich auf meinem Crossrad am oiden 60er-Stadion und dem Trainingsgelände des FC Bayern vorbei durch den Perlacher Forst. Mannometer, Ihr Autofahrer, habt Ihr einen Schimmer, was Euch entgeht? Die Natur feiert sich selbst, ekstatisch, es riecht nach Feuchtholz, Chlorophyll und Dung, man meint in der Höhe bis an die fernsten Ränder des Universums blicken zu können, und vor mir paradieren die Alpen, weiß geschminkt wie thailändische Ladyboys auf einem Laufsteg.
Kurz vor Sauerlach, auf dem "Eisenbahnstrassl", einer Schotterpiste neben der Bahnlinie Richtung Tegernsee, erlebe ich dann auch schon meinen Tageshöhepunkt: Eine Blindschleiche liegt im Prachtlicht und tankt Wärme. Ich steige ab, verwickle sie in einen kurzen Plausch (Wahl in NRW, Trump verrät Staatsgeheimnisse an Russland, ESC), dann wünsche ich Ihr einen angenehmen Resttag und fahre weiter, so dass ich nach eineinhalb Stunden im Studio eintreffe.
Regie führt Tommy Krappweis, dessen Papa unlängst beim Radtraining ums Leben kam. Werner war 75, früher in der Nationalmannschaft der Rennradler, und fuhr auch als Senior mehrmals wöchentlich 80-km-Touren. Die Bücher "Vorzelt zur Hölle" und "Sportlerkind" machten ihn einem größerem Publikum bekannt. Werner war hurtig, hilfsbereit, herzlicher Humorist und hintersinniger Haudegen, Herzensbrecher und Hallodri - und hiermit zähle ich nur jene seiner Vorzüge auf, die mit "h" beginnen. Immerhin war er sofort tot, nachdem auf einer Abfahrt das Automobil vor ihm eine grundlose Vollbremsung hinlegte und er chancenlos auffuhr. Er hat sich einen derartigen Tod immer gewünscht: Vom Rad fallen - tot. Hat er mir selber mal gesagt. Allein: Der Trost ist schwach.
Der Berg, an dem der Unfall passierte, soll, so wünscht sich sein Radsportverein, in "Werni-Berg" umbenannt werden und veranstaltet zu seinen Ehren eine Sternfahrt. Blühende Rapsfelder und wonnemonatliches Gesummse passiere ich auf meiner nachmittäglichen Heimfahrt und gedenke seiner inniglich. Leute, bitte fahrt vorsichtig!
Macht zusammen 64 km, 3h
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AntwortenLöschen"vor mir paradieren die Alpen, weiß geschminkt wie thailändische Ladyboys auf einem Laufsteg."
AntwortenLöschenWorte die ganz herrlich im Kopf schwelen.
Fangrüße von einer Schwimmerin.
Danke fürs Lob! Und Grüße von mir!
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