Telefonkonferenz auf dem Klapprad. Blöd, dass ich keine Kopfhörer dabei habe, und da ich neuerdings dieses vermaledeite iPhone besitze, dessen Strombuchse gleichzeitig Kopfhörerausgang ist, kann mir auch niemand mit Leihstöpseln helfen, nicht einmal meine Frau. Das bedeutet, dass ich ab neun Uhr einhändig Fahrrad fahre, mit der anderen den Sprechbarren ans Ohr gedrückt. Motorisch bin ich hierzu in der Lage, aber eine Stunde lang? Es geht um die Moderation des Carl-Laemmle-Preises in Laupheim, nächste Woche. Meine charmante Co-Moderatorin ist auf präzise Vorbereitung bedacht, was natürlich gut und wichtig ist, aber mein Arm lahmt. Ich wechsele. Bald lahmt auch der andere. Wieder Arm Nummer eins. Puh. Ich rolle im Schritttempo am Pilsenseeufer entlang, komme vom Wörthsee und will weiter zum Ammer-, dann zum Starnberger See. Vier Seen seh‘n. Und dabei gescheit daherreden.
Bei Strava jibbet bekanntlich „Kudos“ und Trophäen, zB wenn man 100 km am Stück radelt. Lust hätte ich schon. Aber einhändig? Inneres Hadern. Man müsste einen Job haben, bei dem man nie telefonieren muss, sondern immer nur Fahrradfahren. Einen solchen Beruf gibt es durchaus, er heißt: „Radprofi“. Schade, dass mir das Talent fehlt und ich inzwischen 51 Lenze zähle. Aber letzteres sollte man nicht überbewerten; in den kommenden Jahrzehnten wird sich ein neuer Sportlertypus durchsetzen, der Very-Best-Ager, mit eigenen olympischen Spielen, den Oldympics. Da wäre ich gerne dabei. Mein Schnauzer macht mich schon mal deutlich älter. Keine Ahnung, warum ich den trage - wahrscheinlich, weil es mir so viel Spaß macht, ihn mit Wimperntusche einzufärben, hurra. Auf Anfrage sage ich auch, was den Bart betrifft: Ich trüge ihn aus religiösen Gründen - aber das stimmt höchstens halb. Mist, der Arm ist endgültig eingeschlafen. Schnell wechseln, bevor mir das Handy aus der erschlafften Hand fällt. Zu warm angezogen bin ich auch. Skijacke und Wanderstiefel. Im Winter auf dem Klapprad optimal, aber seit dieser Woche ist Frühling. Es winken die Winterlinge, aufgekratzt kondolieren die Kroküsse. Kondolieren, weil ich nicht vorwärts komme. Auf die längliche Konferenz folgen nämlich zwei navigatorische Schlunzenschnitzer, und einmal navigiert mich Komoot in tiefsten Wald mit grundlosem Morast:
Zum Wandern mag solch ein Weg ja ganz nett sein, aber wenn man auf dem Birdy die 💯voll machen will? Naja. Zunächst gebe ich mich unbeirrt, pflüge mit markigem Kinn gen Seeshaupt, aber etwas später zerbröselt meine Entschlossenheit, und ich steuere den S-Bahnhof in Wolfratshausen an. Immerhin: 75 km einhändig im Skianzug. Die erste ernsthafte Ausfahrt des Jahres. Beim nächsten Radausflug ist die doofe Trophäe fällig, das steht fest. Ich hab’s drauf. Krokuß!
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