Während ich gemessenen Abdrucks nach Schwabing rollere, meine Freundin an ihren heutigen Arbeitsplatz begleitend, geht mir die jüngste Kontroverse zwischen Margot Käßmann und der AfD nicht aus dem Kopf. Käßmann lernte ich mal bei einer Fernsehsendung kennen, und als wir anschließend im Auto Richtung Hotel fuhren, erklärte sie mir den spannenden Konflikt zwischen Hannoverscher und Oldenburgischer Landeskirche. Sie war mir sympathisch - ganz im Gegensatz zu Jörg Meuthen, den ich für einen etwas altbackenen Windbeutel halte. Windbeutel, weil er seine Qualitäten völlig überschätzt. Er ist weder ein klassischer Sympath, noch Stratege, und er ist auch nicht gut-bürgerlich, sonst käme er gar nicht darauf, den ollkamelligen Begriff "links-grün versifft" zu verwenden. Die Auseinandersetzungen in der baden-württembergischen Landtagsfraktion zeigen zudem seinen Mangel an Führungsqualität, wobei ich seine Befähigung als Wissenschaftler nicht in Abrede stellen möchte. Die wird er gewiss haben, abgesehen davon, dass mir ein Urteil gar nicht zusteht. Käßmanns theologische Qualitäten kann ich ebenfalls nicht beurteilen - ich kenne mich ja nicht einmal in meinem eigenen Glauben, diesem naiven, torsohaften Privatdialog mit dem lieben Gott, einigermaßen aus.
Der tatsächliche Sachverhalt lässt sich leicht recherchieren, und das wohlfeile Missverständnis, aus dem die AfD Kapital zu schlagen versucht, entgeht niemandem ohne Mangelcheckung.
Von der Diskussion um den "kleinen Arierparagrafen" mal ganz abgesehen, kenne ich übrigens kaum jemanden, der keine "nicht-deutschen" Vorfahren hat - meine Mutter zB hieß mit Mädchennamen Kaminski und entstammt einer polnisch-ostfriesischen Sippschaft. Ihr Opa war als Gastarbeiter am Bau Wilhelmshavens beteiligt und blieb anschließend in der Gegend. Väterlicherseits wiederum bin ich nicht nur "bio-deutsch", sondern, schlimmbesser: alle Vorfahren stammten aus Ellenstedt und umzu, seit Jahrhunderten. Übergroße Ohren und besonders kurze Beine waren die Folge.
Als ich das "Tantris" passiere, denke ich an die etwas verkrampften Versuche der AfD, Käßmann als kranke Schnapsdrossel zu denunzieren. Das ist natürlich einfacher, als über unser deutsches Naturell nachzudenken. Übrigens ist das "Tantris", dieser historische Gourmettempel, im Meuthenschen Sinne versifft: Der Bauunternehmer Fritz Eichbauer ließ sein Traumlokal in den 60ern bauen, und der Auftrag an den Zürcher Architekten Prof. Justus Dahinden lautete: Der Bau soll "exotisch und fremd" wirken.
Bald rollere ich am Reitstall im Englischen Garten vorbei. Las gerade heute morgen von einer Alpenüberquerung zu Pferd. Angeblich brauche man dafür eine südamerikanische Spezialrasse, und das Gepäck müsse per Auto von Etappenort zu Etappenort transportiert werden - wobei diese Etappen nicht sonderlich weit auseinander liegen: Sechs Tage sind für den Weg vom Ostallgäu zum Reschensee geplant. Da ist man ja zu Fuß deutlich schneller unterwegs, auch in gemessenem Wandertempo. Nein, eine Deutschland-Durchquerung zu Pferd erscheint mir da spannender. Und praktikabler auch. Müsste mit jeder gutmütigen Mähre machbar sein. Und Meuthen gefiele das sicher auch, wegen der stärkeren Akzentuierung des Nationalen. Ist jetzt schon ein Jahr her, dass ich letztmals ritt (siehe Lichtbild).
Schnapsdrossel, Windbeutel, Tantris, Pferd: Langsam kriege ich Hunger. Ich geh' ma' Happahappa machen.
P.S.: Beine rasiert. Man wird als Mann ja immer wieder gefragt, warum. In diesem Jahr ist die Antwort einfach: Letzte Woche im Schlaflabor wurden an meinen Beinen Elektroden appliziert, und damit sich diese besser festkleben ließen, wurden mir zunächst Trapeze und Drachen in den Pelz gemäht. Diese Bewuchslöcher sahen deutlich bescheuerter aus alle denkbaren Teiltoupet-Lösungen. Oder eben eine Komplettrasur.