Samstag, 13. Mai 2017

Engadin, caramba! 

Wo stehe ich? Im Dezember war ich ein paar Tage im Krankenhaus wegen Hernien-OP, anschließend musste ich sechs Wochen pausieren. Natürlich bin ich schon früher wieder ans Werk gegangen, und zwar ins Schwimmbad. "Sine Aqua non est Vita", wie wir Latinos sagen. Hundert Bahnen im Müllerschen Volksbad, also 3300m, waren mein erstes Trainingsziel, welches zügig erreicht werden konnte. Dann unternahm ich vorsichtig erste Dauerläufe und Tretroller-Ausfahrten, so dass ich Anfang März mit einigermaßen stabiler Ausdauerreserve ins schöne Engadin fahren konnte, um nämlich dorten gemeinsam mit meinem Freund Hannes am Skimarathon teilzunehmen. 

 
 

Vor 10 Jahren, als wir beide 40 Jahre alt wurden, hatten wir uns vorgenommen, aus Anlass unseres 50. Geburtstages "Worldloppet-Master" zu werden. "Worldloppet" ist eine Skilanglauf-Rennserie für Amateure, die die größten und wichtigsten Skimarathons umfasst, und zwar auf fast allen Kontinenten, sogar in Australien. Ein "Master" wird man, wenn man 10 dieser Rennen absolviert, davon eines in Übersee, und als Trophäe winkt dem Master ein hässlicher Teller zum An-die-Wand-hängen. Oder so ähnlich. Die gesamte Serie war uns denn doch zu aufwendig, aber in Gänze wollten wir unser Vorhaben denn doch nicht aufgeben. Also fuhren Hannes, Teresa und ich in die Schweiz, zum nächstgelegenen Event. Wir flanierten durchs winterliche St. Moritz, schlugen uns die Bäuche mit Pasta voll und schlossen uns am nächsten Tag den übrigen 13.000 enthusiastischen Volksläufern an. Der Clou: Seit fünf Jahren hatte ich nicht mehr auf Langlauf-Skiern gestanden, von einem Showauftritt beim ARD-"Starbiathlon" abgesehen. Nicht nur fehlte mir das Training, ich hatte nicht einmal testhalber die Funktionstüchtigkeit der Bindung studiert. Was, wenn sich Schuhe und Skier nicht ineinander klicken lassen?  - schoss es mir durch den Kopf. Ich hätte die Latten dann wohl ins Ziel getragen, vermute ich. Musste ich aber gar nicht; es wurde eine schöne Veranstaltung, von den Staus an sämtlichen Anstiegen abgesehen. Und nicht nur bergauf war Geduld notwendig; auch an einer heiklen Waldabfahrt hieß es warten. Rumstehen ist mit den dünnen Latten im steilen Gelände gar nicht so einfach, zumal wenn's voll ist wie auf'm Rummel, aber eben alle Welt Skier an den Füßen hat. Man tritt sich auf selbige, und es droht der berüchtigte Domino-Effekt. Das Wetter brillierte, die Laune passte, aber auf der zweiten Hälfte gewann ich den Eindruck, nicht wirklich in Topform zu sein. Stehend k.o. rutschte ich nach 42 km und 3:38 h ins Ziel. Da war nix mehr mit Abfahrtshocke und Co; steif wie ein Schneebesen stakste ich gemeinsam mit mexikanischen Sombreroträgern in die totale Unterzuckerung. Immerhin wirkte die Teilnahme ungeheuer motivierend, und den Titel "Worldloppet-Master" will ich unbedingt eines Tages tragen, wenn mich denn der liebe Gott von Krankheiten und ungünstigem Tauwetter verschont. Vielleicht sollte ich mich sputen, um den wintersportlichen Folgen der Erderwärmung zuvorzukommen. 

 

Nach dem Engadiner Skimarathon widmete ich mich meinem Tretroller. Die längste im zurückliegenden Frühjahr ertretene Strecke führte mich von Innsbruck zu meinem Sohn Cyprian nach Landeck und betrug 80 km. Auch mit dem Faltrad legte ich relevante Strecken zurecht, so radelte ich in Begleitung zweier netter Fachjounalisten von Bonn nach Herne zu einer Lesung aus meinem Buch "Im Zelt". Das sind stolze 120 km, und beide Journalisten waren ganz beglückt, dass sie erstmals in Ihrem Leben länger als 100 km geradelt hatten - und das dann auch noch auf Falträdern: Brompton, Tern, ich auf meinem Birdy. Die Beglückung der Schreiber beglückte wiederum mich, und endete der Tag in umfänglicher Zufriedenheit. 

Weiterhin bin ich damit beschäftigt, "unspezifisch" zu trainieren, also nicht festgelegt auf eine bestimmte Bewegungsart. Auf allen Gebieten "ziehe ich die Schraube an", wie Olympiasieger Dieter Baumann zu sagen pflegt, heißt: Ich erhöhe Umfänge und Intensitiät, aber ich tue dies vorsichtig, um keine Verletzung zu riskieren. Heute war wieder Barfußlaufen dran. Ich lief ähnlich wie gestern an der Isar entlang nordwärts und durch den Englischen Garten zurück - aber etwas länger als gestern, nämlich ca. 13 km. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

The biggest Arztroman ever

Willkommen in meinem neuen Tagebuch („Post-Coronik“), das sich womöglich auch in diesem virtuellen Gewölbekeller vornehmlich mit Corona befa...

Beliebte Beiträge