Sonntag, 3. Februar 2019

Afrika per Fahrrad

Mit Stefan war ich nicht nur in Paris, sondern auch in Afrika. Eigentlich wollten wir nur ein paar Tage Radeln. Nun kennt Stefan aber eine junge Frau aus Gambia, die in Köln wohnt, und selten dazu kommt, ihre Familie in Serekunda zu besuchen. Serekunda ist eine Stadt in Gambia, vielleicht 250.000 Einwohner, und Gambia ist ein kleines Land links und rechts des gleichnamigen Flusses, am Atlantik, vom Senegal umschlossen. Jedenfalls bat sie darum, dass wir ihrer Familie 80 Euro, einen Brief und ein aktuelles Foto vorbeibringen. Wird prompt erledigt! Über Brüssel reisten wir an und stellten erstmal fest, dass unsere Klappräder nicht transportiert worden waren. Hm. Nun wird man als Weisser in Serekunda sofort als Tourist identifiziert und permanent von mehreren Leuten bedrängt, die einem irgendwas verkaufen wollen: Zumeist Holzkreuze oder Sexmassagen (am besten beides). Wir drehten den Spiess um und fragten, ob sie uns Leihfahrräder besorgen könnten. Eine Stunde später trafen wir uns wieder, und dreißig junge Männer standen da mit alten Mountainbikes aus den 80ern. Eine weitere Stunde lang wurde verhandelt, wobei wir eine Good-guy-bad-guy-Taktik wählten: Ich fand die Räder immer großartig, wollte sofort los, Stefan gab den Mäkler. Schließlich waren wir handelseinig und radelten auf der Küstenstrasse in die Hauptstadt Banjul. Auf den riesigen Wochenmärkten gibt es buchstäblich alles, vor allem viele lädierte, ausgeblichene Sonnenschirme, Schweinefüsse, Prepaid Handys, Heiler und Schleuser. Gegessen wird bei jeder Gelegenheit Fufu, das ist so ein glasiger Brei aus der Maniokwurzel. Alle löffeln einträchtig aus einem Topf, so ist es hier Sitte, allerdings nach Geschlechtern getrennt, wie es sich im hiesigen Islam gehört. 

Zum Radeln ist Gambia gut geeignet. Die Autofahrer nehmen Rücksicht, und es gibt extrem viel sonderbares zu besichtigen. Etwa die heiligen Krokodile in Katchikally: grosse Tiere in einem runden Tümpel mit Entengrütze, die man sogar streicheln kann (wenn sie denn ordentlich satt sind). Es gibt riesige brennende Müllkippen, überhaupt viel Armut bei gleichzeitig auffallend guter Laune. Der scheinbare Widerspruch irritiert natürlich. Woran liegt‘s? Den Grossteil ihres schmalen Budgets geben die Gambier für Kleidung und Frisuren aus. Wahnwitzige Kleiderkreationen im Rausch der Farbe. Und dann gibt’s extrem viele, hochbegabte Friseure. Ich habe mir auch die Haare schneiden lassen. Und zwar nicht mit Schere, sondern mit einer Rasierklinge - so ist es dort üblich. Stefan sass daneben und fragte irgendwann: „Aber gegen Hepatitis bist du schon geimpft, oder?" Schluck. Nichts passiert. Zweiter Faktor: Die Musik. Wir waren abends auf einem phantastischen Konzert. Fünf Trommler und ein Sänger in so‘ner Art Kurmuschel aus Wellblech. Eine Glühbirne, tausend Leute im Publikum. Ein aufgedresstes Mädchen rennt auf die Bühne, tanzt eine Minute lang wild, rennt zurück, das nächste Mädchen tanzt. So ging das Stunde um Stunde. Unser Begleiter, aus der Familie der Bekannten aus Köln: „Das sind Frauen vom Stamm der Wolof. Die müssen tanzen, sonst kriegen sie keinen Mann ab". Aha, Heiratsmarkt. Übrigens: Applaudiert wird hier nicht. Das machen nur baffe Banausen aus Europa. 
Überhaupt, Familie. Die ist hier sehr, sehr wichtig. 


Ohne Familie ist in Gambia alles nichts. Auf dem Foto sieht man nur einen sehr kleinen Teil unserer Gastgeber. Abends sassen bis zu fünfzig Leute zusammen im Innenhof und tranken Tee. Alles Cousinen, Grossneffen, Schwippschwager. Der Patriarch (nicht auf dem Bild) ist Automechaniker, die Kinder verkaufen Mangos auf einem Tapetentisch an der Strasse vorm Haus (unklar, wer die kauft, da eigentlich überall Mangobäume rumstehen). 
Fazit: Ich kann nur jedem Europäer empfehlen: Reist nach Westafrika! Geht radeln! Nicht vorstellbar, dass sich dort irgendjemand langweilt. 


1 Kommentar:

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