Dienstag, 6. Februar 2018

Flipperwoche 


Schwimmen mit Delphinen! In freier Natur - verspricht der Koberer am Strand, und Teresa, erklärte Delfinistin, schlägt sogleich Purzelbäume vor Begeisterung. „Ja nicht zu früh freuen!“ rate ich Teresa, „wer weiß, ob die Delphine tatsächlich zu Hause sind - womöglich haben die ja auch was besseres zu tun als sich von Schwimmern bestaunen zu lassen“. Mit Volldampf entfernt sich das Motorboot Richtung hohe See, und als nach einem Viertelstündchen ein Dutzend Rückenflossen vor uns auftauchen, entfährt meiner Gattin glucksendes Glücksgurren.

Sicherheitshalber steige ich zuerst ins Wasser, mit Flossen und Schwimmbrille bewehrt, das Herz tief in der Badehose. Der erste Eindruck unter Wasser: Hui, ist das laut! Forte sirrendes Oberton-Tutti. Die Tiere sind nur wenige Meter entfernt, ein bis zwei Meter lang und sehen recht filigran aus: Die Schnauze ist elegant, der Rumpf bicolär; der Rücken ist dunkel, Flanken und Bauch weiß. Ihr Interesse an mir scheint begrenzt; langsam bewegen sie sich von mir weg. 


Jetzt steigt Teresa ins Wasser, eskortiert von einem jungen Maurizianer, der sogleich auf imposante 16 Meter Tiefe hinabtaucht. Nun gut, mit Flossen, aber trotzdem: So einer Luftanhalteleistung habe ich auch noch nie beigewohnt (dass die Wassertiefe 16m betrüge, habe er ausgemessen. Er trainiere hier schließlich jeden Tag). Wieder rein ins Boot, den Delphinen hinterher. Jetzt taucht eine Schule größerer Tiere auf, die aus und als „Flipper“ bekannte Art. Einen Meter länger und einfarbig. Wieder steigen wir ins Wasser. Unter uns ziehen mehrerer Dutzend Tiere vorbei, fast in Formation, auch viele Kinder sind zusehen. Wie heißen denn Delphin-Babys? Welpen? Delpen? Ich grinste breit vor Freude, würde der Schnorchel mich nicht am Grinsen hindern. Beide Arten sind hier grundsätzlich gemeinsam unterwegs, erklärt der Bootsführer, aber wie die kleinere Art heißt, kann er mir nicht sagen. Im Internet-Zeitalter lässt sich derlei bekanntlich schnell klären: Es handelt sich um den Spinner Dolphin, stenella longirostris. 

Nachdem wir uns satt gesehen haben, besuchen wir noch ein pittoreskes Eiländchen, perfekt für den nächsten Camping-Urlaub, und beschnorcheln ein Riff mit lila Seeigeln, -nadeln und -sternen, ehe es wieder an Land geht. 

Und während der Rückfahrt denke ich mir, dass es so ein paar Dinge gibt, die ausnahmslos alle Menschen, weltweit, egal wie alt, welcher Rasse und Konfession angehörig, unabhängig von Schulabschluss, Konfektionsgröße, sexueller Orientierung, eben ausnahmslos alle Menschen faszinieren. Und zu diesen Dingen gehört: das Schwimmen mit Delphinen. Glaube ich. In der griechischen Mythologie wird Arion über Bord geworfen, droht zu ertrinken, singt noch ein letztes Lied und lockt so einen Delphin an, der ihn anschließend auf seinem Rücken an Land trägt. Nur so als Beispiel. Und jetzt erstmal ein Kaffeetscherl. 









Montag, 5. Februar 2018

Unter Schnecken

Nicht nur unsere Voucher sind verschwunden, sondern auch mein Kulturbeutel. Immerhin nimmt man uns umstandslos im Hotel auf, einer durchaus schlaraffischen Anlage auf der Halbinsel „Le Morne“, deren namensgebenden Hügel einst Zufluchtsort entwischter Sklaven war. Als englische Soldaten, so erzählt der Taxifahrer, den Sklaven mitteilen wollten, dass die Sklaverei abgeschafft sei, sahen die Befreiten die heraufkletternden Soldaten, kriegten es mit der Angst und stürzten sich in die Tiefe. Merkwürdiges Nebeneinander von tiefster Tragik und himmelhochjauchzender Urlaubsfreude. 

Das Meer ist hühnersuppenwarm, man muss betont langsam schwimmen, um keinen Herzkasper zu kriegen. Die Hotelzimmer wiederum sind auf knappe 10 Grad herabgefrostet; man könnte hier völlig neue Saunastrategien entwickeln. Unser Essen jedenfalls ist prima: Ich verzehre Seeigel (wenig gelbes Fleisch in der halbierten Stachelschale, das man mit rotem Essig so würzt, dass praktisch nur der Essig den Weg in die Zungenpapillen findet). Besser finde ich große Wasserschnecken, die hierzulande in Majonaise getunkt werden. Neulich habe ich mir noch den Schleim (der Schnecken, nicht die Majonaise) im Gesicht verschmiert, jetzt verzehre ich die Schönheitslieferanten. Ich werde immer gastropodophiler. 

Wir lümmeln uns durch den Nachmittag, und lesen ausführlich „Die Zeit“, wie man das nach altem Brauch in der Flitterwoche so macht. Übrigens haben wir beschlossen, fortan jedes Jahr eine Flitterwoche einzulegen - diese Streckung erscheint uns nachhaltiger als die Verurlaubung mehrerer Freiwochen auf einen Schlag. Extrafrühe Heiakiste. 

💤

Wecker klingelt um 6; rauf auf den Hügel! Geht leider nicht, wie Komoot es vorschlägt; der Hügel ist hotelseitig abgesperrt. Also jogge ich zur Rückseite, finde einen eventuellen Einstieg nach oben, muss aber wegen der tropischen Hitze einstweilen zurück. Zur Besteigung ist ein Wasservorrat ratsam. Darum bleibt es sportlich bei 10 km Laufen und ein wenig Hühnersuppendümpelei.

Auf dem Rückweg zum Hotel begegnen mir wieder Schnecken: Schöne, stattliche Landschnecken mit prächtigen Verzierungen am Baldachin. Die Schnecke - der symbolische Gegenentwurf zum heute üblichen hektischen Twitter-Gewitter. Snailen statt Twittern. Auf zum Frühstück! 

Sonntag, 4. Februar 2018

Auf in die Flitterwoche!

Mauritius. Ein Ort, mit dem ich außer Briefmarken nicht viel verbinde. Philatelie und den Dodo, vielleicht. Höchste Eisenbahn, die Ahnungsarmut zu ändern. Ein Hotel mit 400 Höhenmeter-Hügel direkt hinterm Haus, ausgesucht von meiner um meinen Bewegungsdrang wissenden Braut. Danke schön! 


Erstmal hinkommen. Am Gate in München bittet man mich um die Vorlage des Voucher-Heftes. Ich stutze, suche in meiner Aktentasche, bin verdattert, finde, lege vor und vergesse anschließend, wie mir wenig später im Flugzeug auffällt, das Voucher-Heft wieder einzustecken. Könnte sein, dass es mir aus der Hand geglitten ist, oder dass ichs in den Müll geworfen habe, oder aufgegessen - was weiß denn ich! Jedenfalls ist es weg. Kriegen wir jetzt keinen Transfer? Was passiert an der Rezeption? Müssen wir im Straßengraben schlafen? Ich betäube meine Panik per „The Bucket List“ (bei Condor ein „Premium-Film“, 8€ Aufpreis) mit Jack Nicolson und Morgan Freeman. Todkranke erfüllen sich letzte Wünsche à la Baden mit Delfinen und „Die schönste Frau der Welt küssen“. 2 Stunden Sitzschlaf, dann Landung. Beim Warten auf die Passkontrolle formuliere ich allerlei Voucher-Verlust-Ausreden vor, und Teresa beschwichtigt: „Kein Mensch braucht Vouchers, Hauptsache, die Pässe sind in Ordnung! Wenn der fehlt, darf man zur Botschaft, au wei“. Prompt wird ihr Pass besonders akribisch unter die Lupe genommen, und weil irgendetwas mit der Gültigkeit nicht stimmt, gehts zur Nachkontrolle auf die Polizeistation. Ich warte ein Stündchen draußen, im schwarzen Frack schwer schwitzend, dann gehts weiter mit der Auflage, sich in den nächsten Tagen bei der deutschen Botschaft um Klärung zu bemühen. Der Transfer ist inzwischen schon lange weg, aber man stellt uns ein Taxi, auch ohne Voucher. Der Fahrer erzählt mindestens zwei Dutzend mal, dass wir uns nunmehr im Paradies befänden, bienvenue au paradis etc, und der Blick auf den türkisen Ozean illustriert seine Worte aufs paradiesischste. Mein Frack riecht mittlerweile wie ein sehr altes Briefmarkenalbum, mein Hemd allerdings nach totkrankem Delfin, was sicher damit zu tun hat, dass es hier heiß ist. 31 Grad zeigt das Thermometer im Taxi, und der Linksverkehr lässt uns im übernächtigten Zustand jedesmal zusammenzucken, wenn sich von vorn ein Auto nähert. Zuckerrohr satt, darin bunte tamilische Tempel. Mehr sag ich jetzt nicht - erstmal Einchecken, die schönste Frau der Welt küssen und den Frack ablegen. Dahinten sehe ich schon den Hotel-Hügel...



Samstag, 3. Februar 2018

Kurios: Koreanische Kosmetik

Die Verkäuferin im neuen koreanischen Kosmetikgeschäft um die Ecke erklärt: „Die Haut ist für uns Koreaner ganz besonders wichtig. Sie ist unsere Visitenkarte“. Und aus dieser Bedeutungsschwängerung hat sich in Korea eine sonderbare Spezialkultur entwickelt, nämlich: Gesichtsmasken aus Papier, in klärende und nährende Cremtinktur getränkt, zum Aufs-Gesicht-Pappen. Und der Clou: Die Masken sind motivisch bedruckt und stellen zB Tiere dar (oben: Einen Seeotter).

Am verrücktesten finde ich zunächst den Einsatz von Schneckenschleim in der Hautpflege. Nach kurzem Nachdenken leuchten mir die Vorteile jedoch ein: Schneckenschleim soll den Fuß des Weichtieres geschmeidig halten und vor Verletzungen schützen, und darum beinhaltet er antibakterielle Inhaltsstoffe. Und was der Schnecke recht, ist dem Menschen billig, wie ein uraltes koreanisches Sprichwort behauptet.

In der Anwendung ist die Schnecken-Maske dann eher unschnecktakulär; man legt sie 15 Minuten auf, erschreckt seine Mitbewohner und klopft anschließend die Restschmiere in die Haut ein - oder lässt einklopfen (Tip: Besser nicht verraten, was da eingeklopft werden soll).


Ob ich nach Anwendung der Schneckenmaske besser aussehe als nach Auflage der Seeotter-Maske, kann ich nicht sagen. Während der Behandlung gefiel ich mir im Otterkleid besser. Um die Langzeitwirkung zu untersuchen, müsste ich wohl über einen längeren Zeitraum täglich drei Euro in eine Maske investieren und Vergleichszeiträume festlegen. Finanziell ähnelte das Unterfangen also dem Rauchen, früher, und da wage ich durchaus die Prognose, dass Masken der Haut besser bekommen als Zigaretten. 

Zu guter letzt präsentiere ich meine Lieblingsmaske. Das Pflegemittel basiert auf Rotwein, und so riecht sie auch. Wer sich der Önologie nahe fühlt, sich aber keinen hinter die Binde kippen darf, kann sich jetzt die Binde immerhin auflegen. Der rebensaftige Duft lässt frohlockten, bei Dauergebrauch womöglich sogar lallen. Perfekt für die Mittagspause. 


Wer auch so schön sein will wie ich: Der Laden heißt „MiiN Corean Cosmetics“ und befindet sich in der Westenrieder Straße 8 in München. 


Freitag, 2. Februar 2018

Jetzt bin ich auch bei Strava gelandet...

...denn nachdem ich ja auch Süßkartoffel-Pommes esse und weiß, was „Alter als ob“ bedeutet und zudem seit einer Woche Besitzer eines neuwertigen Smartfones bin, dessen Akku auch App-Dauernutzung erlaubt, gab es schließlich keinen Grund mehr für Seniorentrotz. 

Erster Eindruck: Hier gibts extrem viel zu gewinnen. Heute zB lief ich drei Stunden am Isarhochufer auf und ab, alles recht gemütlich, und erhielt dafür sage und schreibe 21 Pokale! Pro persönliche Bestleistung einen, unfassbar! Ich wusste gar nicht, dass man auf so vielen Gebieten gleichzeitig obsiegen kann, in nur drei Stunden. Und damit nicht genug: In den nächsten Tagen darf ich mich über „Kudos“ freuen - so heißen hier die „Likes“ anderer Benutzer. Und in zig „Segmenten“ wurden Teile meines heutigen Laufs in irgendwelche Bestenlisten eingruppiert - wobei ich dieses Segmente-System noch nicht so recht kapiert habe. Klar ist mir jedoch: Bei Strava, dem „Facebook für Sportler“ (raunte mir neulich ein Bekannter zu) bleibt kein Ego trocken. „Ehre, wem Ehre gebührt“ - der alte Spruch wird bei Strava radikal demokratisiert. Tolle Hechte! Wir! Alle! 


Heute jedenfalls ging’s rauf und runter. Früher, also vor 10, 15 Jahren, gab‘s am Isarufer noch mehr Möglichkeiten, Höhenmeter zu sammeln, aber die meisten Wege sind wegen „Hangrutschgefahr“ gesperrt. Es blieb bei knappen 400 Höhenmetern. Insgesamt ein erstklassiger Schlusspunkt jenes Zyklus, der zwischen den Jahren auf Mallorca begann. Jetzt etwas Haxenpflege, und dann mit Volldampf Richtung Frühjahrsmarathon. Ganz langsam, damit nichts kaputtgeht; die Ernte soll ja erst im Juni eingefahren werden.

Mal gucken, ob ich schon Kudos habe.

P.S.:  Kudos - komisches Wort. So ähnlich wie Jusus. Oder Kuh in der Dose. Wer denkt sich sowas aus? Und wie kommt man auf derlei?


Donnerstag, 1. Februar 2018

Freie Fahrt für freie Radler! 

Gunnar Fehlaus „Pressedienst Fahrrad“ lud zum „Fahrradfrühling“ ein, und ich sagte sofort zu. Vor 15 Jahren war ich schon mal dabei, diente als Model und Galionsfigur der Fahrradindustrie, und zwar ehrenamtlich. Und auch aus Spaß am der Freud, denn bei dieser Leistungsschau erfährt man, was die wichtigsten Trends im Radler-Reich sind. 

50 Journalisten sitzen heute also in Halle 3 des Verkehrszentrums des Deutschen Museums, und ich stehe als Garnitur neben Gunnar auf der Bühne, höre zu und gebe anschließend einige Interviews. 


Was bleibt hängen? Erstmal der frappierende Satz, dass es heuer kein einziges relevantes neu entwickeltes MTB-Modell ohne E-Verstärkung gibt. MTB-Sport gleiche sich immer mehr dem Motocross-Sport an, doziert Gunnar, auch im optischen Erscheinungsbild der Maschinen. Puh. Spontan evoziere ich kaputte Waldschneisen und verziehe das Gesicht, aber vielleicht urteile ich da gar zu voreilig und die Vorteile überwiegen (zB weil die Fahrer dieser Geräte dafür das Auto stehen lassen). 

Neu: Blinker am Rad. Testhalber setze ich mich in ein Liegedreirad (natürlich auch mit E-Motor), und die Sache schmeckt mir. Sehe mich durch Italien rollen, mit nackter Plauze, im rollenden Liegestuhl, Pina Colada-Halter neben dem Blinkhebel. Ja, das könnte mir gefallen.


Top: Das Rad aus Bambus. Nur wenig schwerer als Carbon, dafür nachwachsend, umweltschonend und farblich zu meiner braunen Cordhose passend. Schmunzeln lässt mich eine farbenprächtigere Alternative, an deren Trendhaftigkeit ich im vergangenen Jahr selber aktiv mitgewirkt habe: Tretroller - hier vertreten durch schicke Kinderroller der Firma Puky (die auch für kleine Erwachsene taugen. Also für Hoëcker oder mich)


In Sachen Reifenfarbe tut sich übrigens einiges; am spektakulärsten finde ich den brandneuen Retro-Mantel von Schwalbe, der die 70er-Kamelhaar-Optik aufs vortrefflichste mit moderner High-End-Gummitechnologie vermählt:


Oberthema ist aber weiterhin: Elektro. Die Mehrzahl der Reporterfragen bezieht sich denn auch auf Elektrobikes. Einer fragt mich doch glatt, welcher Elektroradtyp ich denn sei. Ich grüble lange, dann schwadroniere ich, dass die  Verkomplizierung der Radtechnik unweigerlich eine Gegenbewegung hervorrufen werde, nämlich die Rückkehr des Laufrades. Gut, dass die Veranstaltung im Deutschen Museum stattfindet; zur Illustration meiner Prognose weise ich einfach auf das wundervollen Exponat fünf Meter nebenan:


Und direkt daneben erspähe ich ein Gerät, dessen Nachbau ich ebenfalls umstandslos unter die Pobacken nehmen würde (siehe ganz oben, als Eyecatcher habe ich das Bild bereits am Artikelbeginn verbraten). Mit Traditions-Technik hat ja zB auch die Spieleindustrie Erfolg, etwa mit dem klassischen Brettspiel „The Open Road“, einem Reise-Rad-Renner aus den USA. Jibbet wohl bald auch in deutscher Version: 

Zu guter letzt fragt mich ein Fachjournalist, was ich mir denn von Politik und Stadtplanung wünschen würde. Hm. Ich wünsche mir, deklamiere ich mit leicht pathetischem Tremolo, Gleichberechtigung. Genauso viel Entfaltungsraum, Zuwendung und Aufmerksamkeit wie die Autofahrer. Freie Fahrt für freie Radler! Und bitte nicht überfahren werden. Mehr beanspruche ich ja gar nicht. Gleichberechtigung reicht. Danke schön. Feierabend. 


Mittwoch, 31. Januar 2018

Spitzkehre, pass auf!

Die Skipiste am Tegelberg besteht mittlerweile aus blankem Eis, links und rechts bräunt dampfiger Baaz dem Besucher entgegen. Sportfreund Hannes und ich nudeln uns auf den Fellen ein Weilchen empor, dann montieren wir achselzuckend die Harscheisen und knirschen im Stapfschritt gipfelwärts. Tegelberg! Wie oft war ich hier, bin ich hinauf gewandert, gelaufen, geklettert; einmal war‘s ganz dramatisch, als sich Sohn Cyprian auf der Skiabfahrt, beim oberen Lifthäuschen, stürzend auf die Zunge biss, so dass diese nur noch am berühmten seidenen Faden hing. Da muss er ABC-Schütze gewesen sein; pfannengroße Blutpfütze im Schnee, Handy ging nicht, also begleitete ich ihn geschockt und adrenalingesotten hinab, was auf der ehemaligen Damen-Weltcup-Abfahrt auch im breitesten Zickzack für uns ziemlich herausfordernd war. Dann huschhusch in die Klinik, Zunge annähen, ohne Betäubung. So war das. Nur ein Beispielgrund für die innige Beziehung, die ich zu diesem Berg habe.

Schutzengelweg. Völliger Quatsch, diese Skitour, zumal wir beide mit der Bahn runter fahren werden, weil das Eis gar zu ungriffig ist. Erst ab Tegelberghaus wird der Schnee schneeig, aber am Fuße des Branderschrofengipfels, nach 960 Höhenmeter, gehts ja sowieso nicht weiter, außer man steht auf Winterklettern. Darum kommt es auch nur zu genau fünf der im Titel erwähnten berüchtigten Spitzkehren am steilen Hang (aufpassen muss ich natürlich bei jeder einzelnen dieser Ver(kehrs)renkungen).

Runter zur Bergstation der Seilbahn stapfen wir vorsichtshalber mit geschulterten Ski, dann belohnen wir uns mit Gulaschsuppe, Radler, Knödel in Pilzrahm und Kaffee auf der Sonnenterrasse. 

Beim Blick rüber zum Säuling gemeinsame Saisonplanung. Radtour zum Ortler inklusive Gipfelsturm und wieder zurück? Puh, eher zu lang. Piz Buin als Klappradkombitour? Haben wir schon lange vor, ist aber durch Gletscherschwund von Jahr zu Jahr schwerer. Hm. Eine lange Hochgebirgswanderung, von A nach B, im Juni - darauf wird es wohl hinauslaufen. A und B werden in den nächsten Wochen festgelegt, wobei A eine unserer Heimatsdressen sein dürfte, von wegen Reisemüdigkeit. Grübelantisch blinzeln wir ins gurrend gleißende Sonnenlicht und tauschen Trainings- und Lebensmaximen à la „Wirklich entspannt liegt man doch nur auf dem Sterbebett“. Veteranentreff, so weit sind wir gekommen. 


Rückfahrt im Interregio nach Minga um 14:06, und Hannes stellt sich im Radgeschäft hinter seinen Tresen. Ja; es gab schon unangenehmere Vormittage. 

Ob ich mich zur Abwechslung mal auf eine Waage stellen sollte? Nur mal interessehalber? Heute, morgen? Oder nie wieder?



The biggest Arztroman ever

Willkommen in meinem neuen Tagebuch („Post-Coronik“), das sich womöglich auch in diesem virtuellen Gewölbekeller vornehmlich mit Corona befa...

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