Freitag, 2. Juni 2017

Trump und der Wunderbaum

Es soll ja Menschen geben, die sich über Trumps Kündigung des Pariser Klimaschutz-Abkommens ärgern, aber selber im SUV von Stau zu Stau gondeln. Daran gibt es nichts zu kritisieren; jeder Mensch hat das Recht, sich inkonsequent, bizarr, ja, völlig bescheuert zu verhalten. 

Nun fahre ich selber kein Auto mehr, könnte also mit moralistischer Attitüde "persönliche Klimaziele" deklarieren, aber, ganz unter uns gesagt: Mir ist der individuelle Kampf gegen den Klimawandel zu mühevoll. Ich habe keine Lust, meine Emissionen zu reduzieren, um den Planeten zu retten, und über Trump kann ich mich kaum mehr echauffieren als über Teile der südoldenburgischen Landbevölkerung, zu der ich Kraft meiner Ahnenreihe gehöre - die Leute im "Land der ewig stinkenden Felder" ticken im Normalfall ähnlich wie der US-Präsident. Und sehen auch ganz ähnlich aus (mit etwas roteren Nasen, manchmal). 

Nein, ich meide Kfz nicht, um die Welt zu retten, sondern weil ich mich in ihnen unwohl fühle. Das Problem beginnt mit der Sitzposition: "Sitzen ist das neue Rauchen" titelte der Stern vor einiger Zeit; man zwingt den Körper in Runen-Form und in die Bewegungslosigkeit, und Blut und Wasser suppen in die Haxen. Wenn man am Steuer wenigstens liegen könnte!

Sodann die Karosserie. Kein Kontakt zu Wind und Wetter, die Aromen der Landschaft entgehen mir, es duften höchstens Wunderbaum und Ledersitz. Oder der Aschenbecher, je nach dem. Die Auto-Lobby nennt diese Weltenflucht "Komfort" - für mich ist sie ein Ausdruck der Angst. Angst vor dem wahren Leben. Der Autofahrer will sich verkriechen, in seine rollende Oase, die doch in Wirklichkeit nur ein Blechgefängnis ist. 

Der Autofahrer meidet Busse und Bahnen, weil er dort seinen Artgenossen, mithin sich selbst begegnet. Manch einer riecht nach Knoblauch, nach altem Schweiß, ein anderer schaut traurig drein und blickt dich an, oh weh. Zu riskant, diese Konfrontation. Huschhusch zurück in die Fahrgast-Einzelzelle. 

Das Auto sei "praktisch", höre ich bisweilen. Naja. Lastenräder mit E-Motor sind auch praktisch. Aber auf einem solchen kann ich mir einen Donald Trump eben nicht vorstellen. Obwohl mir der Gedanke gut gefällt: The Donald rollt mit dem Großeinkauf im Zuber den Broadway hinauf zum Trump Tower, und seine Frisur hält auch dem ärgsten Fahrtwind stand.

Nein, "Klimaschutz" ist mir zu hoch. Ich will mich aussetzen, müde turnen, will bang die ersten Tropfen abbekommen, will am Ziel die Faust gen Himmel recken. Autos helfen mir dabei nicht. 

Und was, wenn ich alt und krank bin? Dann möchte ich bitte in einer offenen Rikscha durch die erwärmte Gegend kutschiert werden. Zum Beispiel nach Paris. 

Aber noch geht's mir gut. 

4 Kommentare:

  1. Kompliment für Deine Texte, die och immer mit Begeistérung lese. DeinevÜbergänge von einem Tehma zum anderen sind einfach genial.
    Dieser Text gefällt mir besonders, denn endlich mal einer, der nicht über Donald Trump wettert, sondern Irroni mit einbaut, eine andere Art der Demonstration oder des Aussteigers, der in Deutschland bleibt. ;-)
    Mach weiter so

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  2. Ich sehe das ähnlich, muss aber sagen, dass ich, seit ich so viel mit dem Fahrrad unterwegs bin, alles etwas bewusster und kritischer sehe, bezüglich Umwelt und Ernährung.

    Ganz auf mein Auto kann ich leider nicht verzichten, da wir sehr ländlich wohnen. Ich würde gerne, kann mich aber noch nicht zu diesem Schritt durchringen.

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