Samstag, 10. Februar 2018

Neues aus der Reihe: „Das ungleiche Mixed-Team“

Heute: „Der höchste Berg von Mauritius“. Er heißt „Piton de la Petite Rivière Noire“ und misst 828 Meter. Wir starten an der katholischen Kirche in Case Noyale. Vorbei an Kindern in hellblauen Schuluniformen und dunkelgrauen Elendsquartieren verlassen wir den Ort und marschieren die Bergstraße nach Chamarel bergauf. Meinen roten Ranzen habe ich bis zur Kimme mit Korn, äh, Trinkwasser gefüllt, denn wer weiß, ob man sich hierzulande aus den Bergbächen bedienen sollte? Ob‘s überhaupt Bergbäche gibt? Auf der Serpentinenstraße halten wir uns am rechten Rand, wegen des Linksverkehrs, da man ja bei uns links laufen würde, gell? Manch Fahrer guckt trotzdem komisch, dreimal werden wir gar angehupt. Kann aber auch daran liegen, dass auf dieser Straße praktisch nie Wanderer unterwegs sind. Die starten meist am Infozentrum im Nationalpark, nicht so wie wir auf Seehöhe. Der Ort Chamarel wird in Reiseführern als unverdorbenes Idyll gefeiert, und das Lob passt. Wir suchen in der Kirche nach Abkühlung, völlig vergeblich, aber dafür erfreut uns die liebevolle Ausstattung und die aufs wesentliche reduzierte Konstruktion des Beichtstuhls: 


Ausführliche Trinkpause, dann verlassen wir die Zivilisation und wagen uns in den Regenwald. Ein schmaler Pfad führt bergauf, ab und an markiert von gelben Fähnchen. Der Weg ist gut begehbar, allerdings machen uns die Insekten zu schaffen, die unsere verschwitzten Beine wie ein opulentes Büffet genießen. Sind‘s Mücken oder Bremsen, die uns großflächig verquaddeln? Mir egal, da ich mir erst vorgestern heftig juckende Stiche (?) am Popo zugezogen habe, beim Schnorcheln. Keine Ahnung, was für ein Tier (?) da am Werk war. Und seit der Tretbootfahrt gestern ist mein Bauch himbeerrot verfärbt. Ich lehne den Gedanken, mir mit 51 Jahren aufgrund purer Doofheit einen Sonnenbrand zugezogen zu haben, rundweg ab. Nein, ich habe keinen Sonnenbrand. Meine Haut ist auch nicht gerötet, sondern rosig. Gut durchblutet halt. Teresa ist körperlich in besserem Zustand als ich; sie marschiert forsch voran. 


Wir durchwaten ein Bächlein, stiefeln durch dichten Dschungel und beobachten Dutzende topflappengroße Schnecken bei der Paarung. Nie sah ich so monumentale Schneckenpenisse in Aktion; Gastropodenporno live. 


Auch Amphibien begegnen wir, zum Beispiel:


Bald wird der schmierige Steig steiler, und ich unterstütze meine Frau beim Aufstieg, in dem ich sie beidhändig bergauf schiebe. Klingt bekloppt, aber sie behauptet, es würde ihr helfen, und ich bin froh, dass ich meinen Puls trotz bescheidenen Gehtempos in sportlich relevante Bereiche treiben darf. Als nach drei Stunden Aufstieg eine feuchte Klippe im Weg ist, rasten wir. Der Gipfel ist nicht fern, und erstmal seit Chamarel lichtet sich der Wald, so dass man hinab auf den Küstenstreifen blicken kann: 


Was tun? Auch hier oben ist es heiß, feucht sowieso, das Gelände schlüpfrig. Wir setzen uns auf einen Stein, genießen den Ausblick und verzehren unsere Jause. Doch nicht nur Bauch, Beine, Po jucken, sondern auch die fixe Idee eines jeden Bergfexes, zum höchsten Punkt zu gelangen. Teresa merkt mein Bergfieber und flötet mir den Vorschlag entgegen, alleine den höchsten Punkt zu erklimmen. Dankbar schlage ich ein, eile los und klettere empor. Bald schließt sich wieder das Blätterdach über mir, nur ein einziges Mal kann ich noch einen Blick auf den Gipfel erspähen: 


Aber hinter diesem Blätterdachschaden ist Fernsicht-Schicht im Schacht. Ein quer über den Pfad gespanntes Seil verheißt Gefahr; offenbar ist der Weg wegen Erdrutsch nicht gangbar. Schade, aber nicht risikolos zu ändern. Der Höhenmesser zeigt 740 Meter. Wie heißt es so schön auf RTL? „Heute habt ihr euch keine Sterne erspielt“. Kurzes Hadern, dann kehre ich um und bin nach einer halben Stunde Gesamtabsenz wieder bei meiner Braut. 

Regen setzt ein. Kühlt nicht ab, macht aber den Weg deutlich rutschiger. Vorsichtshalber gehe ich voran. Huch: Plötzlich stürmt ein Tier aus dem Unterholz auf mich zu. Ein großer Igel touchiert meinen Schuh und rennt wieder zurück. Im Dickicht erkenne ich eine stachelige Kinderschar. Theorie: Die Igelmutter wollte ihren Nachwuchs durch einen Scheinangriff schützen. Abends im Hotel recherchieren wir, dass der „Igel“ ein „Großer Tenrek“ ist, zugewandert aus Madagaskar. Bis zur Ankunft der Menschen gab es nämlich auf Mauritius gar keine Säugetiere, mit Ausnahme der Flughunde. Ein Foto des Tenreks konnte ich in der Eile nicht schießen, womit ich jedoch dienen kann, ist eine Aufnahme eines Flughundes, der allabendlich überm Tennisplatz in der Hotelanlage gesichtet werden kann:


Als wir nach sechs Stunden Wanderung wieder am Ortsrand von Case Noyale eintreffen, begegnet uns noch ein weiterer Zuwander, nämlich ein Affe. Haben wir beide auch noch nie in freier Wildbahn gesehen (außer auf der Münchener Leopoldstrasse, die Spezies mit den gegelten Haaren). 

Final lassen wir uns nochmal ordentlich vom Starkregen erwischen, ohne dass es diesem die braunen Schmutzkrusten an unseren Beinen abzuwaschen gelingt. Und so steigen wir nicht nur völlig verdreckt, sondern auch pudelnass ins auf gefühlte null Grad herabgekühlte Taxi. Wie heißt es so schön in der Bounty-Werbung? „Alle Köstlichkeit der Tropen“. Ja. Der Satz passt hier höchstens halb, aber er diene als gutes Beispiel für mein bei über 30 Grad eingeschränktes Formuliervermögen. Danke fürs Verständnis.

1 Kommentar:

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