Über die Wupper ging ich neulich.
Erst fühlte ich mich mutig,
dann abscheulich.
Die Müngstener Brücke ist aus Eisen,
auf ihr kann man von Solingen
im Zug nach Remscheid reisen.
107 Meter hoch, 6 Pfeiler, eine Spur.
Ich fuhr mit Molly in der Nacht
ganz auf die wilde Tour
rüber, schwups, konspirativ
(„Molly" hieß meine Draisine).
Der Versuch ging leider schief:
Auf halbem Wege sprang
bei Molly eine Mutter.
Es machte „Kling" und klang
bereits recht alarmierend;
verschärfend kam‘n Zug entgegen, dessen
Lokführer mit weiten Augen stierend
bremste. Mir dämmerte: Die Mutter war der Vater
aller Muttern; Rad und Achse trennten sich.
Per „Dreimal schwarzer Kater"
und „Lirum larum Löffelstiel"
wollte ich uns heimwärts zaubern.
Allein: Das nütze uns nicht viel;
der Zug schlitterte auf uns zu -
Quietschen, Funkenflug und Panik
ignorierend nahm ich einen meiner Schuh,
nestelte das Schnürband raus
und band mich damit am Geländer fest,
klemmte Molly untern Arm; der Zug, o Graus,
nahte heran. Ich sprang hinab.
Die Eisenbahn verfehlte uns um Möhrenlänge
Wir baumelten über der Wupper, knapp.
Das Schnürband war aus Stretch gewoben,
für Bungee-Springen allerdings zu dünn.
Im Mondlicht sah ich Wellen toben,
als mit überlautem Peng
der Senkel riss. Es platschte, Molly tauchte ab,
ich schrie und und schluckte. Streng
schmeckt die schwarze Wupperflut
(für den Verzehr gibt‘s besseres).
Sie löschte meine Lebensglut.
Und die Moral von der Geschicht:
Auf Eisenbrücken nächtens tun undehnbare
Senkel Not - vertrau auf Stretch-Schnürbänder nicht.
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