Montag, 1. April 2019

Innovation oder Verzicht?



Dieter Nuhr unlängst in einem Fernseh-Stand-up (sinngemäß): „Liebe Schüler, die ihr freitags demonstriert, lernt Physik. Es wird nicht das Lastenrad sein, das die Klima-Probleme löst, sondern technische Lösungen, die wir uns heute noch nicht vorstellen können". Bei Twitter wurde der Trailer mit vielen rüden Reaktionen quittiert; ein ernstzunehmendes Argument lautete: Wenn wir alle uns auf zukünftige Innovationen verlassen, können wir weiter munter die Umwelt zerstören- eines Tages wird schon das passende Heilmittel parat stehen. Und was, wenn nicht? 
Wie in sozialen Netzwerken üblich, gesellten sich zu diesem (und anderen) Argumenten ganze Ozeane, die mit Injurien zugemüllt waren, uff. Mich interessiert in diesem Zusammenhang vor allem, ob er denn recht hat; was ist im Kampf gegen die Klimakatastrophe (und andere Folgen der Umweltzerstörung) wirksamer: Technische Innovation oder Verzicht? Im Falle des Lastenrades erscheint mir die Sache klar: Es ist keine Maschine denkbar, die klimaneutraler arbeitet - wenigstens im Betrieb. Bei der Produktion ist gewiss allerlei Spielraum, etwa wenn es um Herstellungsmaterialien geht. Ist Bambus umweltfreundlicher als Metall oder gar Carbon? Zu berücksichtigen ist auch, dass ein in China wie auch immer gefertigter Rahmen, der in Europa zum Einsatz kommt, ersteinmal hierher transportiert werden muss - und das geschieht in der Regel nicht pedalierend. 
Autofreund Ulf Poschardt, Chefredakteur der „Welt", sprach neulich bei „Hart aber fair" von der „Nachhaltigkeit" seines alten Porsche, weil dieser bereits seit über 50 Jahren im Betrieb sei. Stichhaltig? Oder überwiegt der Benzinverbrauch die Vorteile der Langlebigkeit bei weitem? 
Andersrum: Wenn es dereinst das „Beamen" gibt, überall verfügbar, für Mensch und Fracht: Wie hoch wird der Energieaufwand sein? Ist es nicht eventuell doch ressourcenschonender, einfach daheim hocken zu bleiben und auf sparsamen Kleinrechnern ein Home-Office zu betreiben? Taugt Melvilles „Bartleby, der Schreiber", dessen wesentliche Lebensäußerung „I would prefer not to" war, eventuell besser als role model für die 10-Milliarden-Menschheit der nahen Zukunft als Daniel Düsentrieb (gewiss, am Nachnamen sollte man noch schrauben)?
Fragen über Fragen. Ich freue mich über seriöse Studien, die uns den Weg weisen, und nutze bis auf weiteres mit Vorliebe Tretroller und Faltrad. Aber nicht als „Opfer" fürs Klima - sondern weil‘s mir Spass macht. 

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