Mittwoch, 29. Mai 2019

Deutsche Flüsse (42): Neue Luppe



Neue Luppe, zwischen Deichen

streichen lange grüne Zotten,

abgeknickt vom Schulterklopfen,

müde über ihresgleichen.


In der Parkbahn: Hottentotten,

die mit einem guten Tropfen

Ihre Lebenslust begießen.

Auf halb zwölfe schießen


Schützenfische scharf,

treffen die Graf Zeppelin,

deren Hülle, prompt durchlocht, 

flatuliert und Falten wirft.


Zügig sinkt das Luftschiff nieder.

Trunken singen seichte Lieder

in der Bahn die Afrikaner,

als ganz vorn die Eisenbahner


Gase schnuppern, Unheil wittern,

geistesgegenwärtig twittern:

„Obacht, es bahnt sich was an!“

Schlagartig ernüchtert, springt


der erste von den Namibianern

mutig unters Luftschiff, in die

Neue Luppe, winkt die anderen

herbei. Manche lallen, tapsen


torkelnd in den Brei, der aus

Entengrütze, Pusteblumenflusen

und den eingangs angeführten

Grünzotten besteht. Einer kann 


das nicht verknusen, übergibt sich

eben, als mit lautem Platschen 

das Gefährt ins Wasser fällt. Lutz,

der Bordhund der Graf Zeppelin,


ein Irish Setter, bellt, er wird

sogleich geborgen. Sorgen macht 

man sich um einen, der von losen 

Landeleinen unter Wasser fest


umschlungen. Mühsam wird er

freigerungen, dabei vierstimmig

gesungen. Luppenwasser in den

Lungen, wird von Hand er ausge-


wrungen, überlebt, während Lutz nach 

Mäusen gräbt. Dem Luftschiffkapitän

sind beiden Ohren bei dem Absturz

abgefroren, abgesehen davon strahlt 


er, dankt den Rettern überschwänglich,

birgt aus der Kombüse tauchend

eine Jumboflasche Jägermeister,

Hackfleisch und Tapetenkleister.


Der Likör wird rumgereicht, in der Luppe

eingeweicht der Kleister. In das Hackfleisch 

beisst der Käpt‘n, stärkt sich so, dann klebt 

mit Hottentottenhilfe er die Hülle wieder heil. 


Lutz frisst das feingehackte Schwein,

die Retter steigen in die Parkbahn und der

Zeppelin hebt ab, und vom Auensee bis Halle 

singen alle: „Schön ist es, auf der Welt...


P.S.: 


Mein langjähriger Facebookfreund Christian macht mich auf den diskriminierenden Charakter des Wortes „Hottentotten“ aufmerksam. Die Buren hätten den Begriff ursprünglich als Spottbezeichnung für die Völker im südwestlichen Afrika verwendet, ehe die Deutsche Kolonialverwaltung ihn übernommen habe. Ups, Wikipedia gibt ihm recht. Wieder was gelernt. 

Nun müssen wir gar nicht lange diskutieren über „Political Correctness“ & alles was dazugehört; spannender erscheint mir, eine Version herzustellen, die ganz und gar auf solche Bilder verzichtet, die als auf rassistischen Stereotypen fußend wahrgenommen werden könnten. Frisch ans Werk:,


Unsere Wege pflastern Leichen:

„Hottentotten“, Dauerbrenner

der Kolonialgeschichte. Spott aus, 

Spot an. Nocheinmal in neuem Lichte:


Im Waggon sind Nama-Männer,

die, versierte Dampflokkenner, ihre Parkbahnfahrt genießen.

Luppen-Nass verschießen


Schützenfische. Einer

trifft die „König Pilsener“,

deren Hülle, prompt durchlocht, 

flatuliert und Falten wirft.


Zügig sinkt das Luftschiff nieder. 

Selig singen leichte Lieder

in der Bahn die Afrikaner,

als ganz vorn die Eisenbahner


Gase schnuppern, Unheil wittern,

geistesgegenwärtig twittern:

„Obacht, es bahnt sich was an!“

Schlagartig ernüchtert, springt


der erste von den Namibianern

mutig unters Luftschiff, in die

Neue Luppe, winkt die anderen

herbei. Nur im Lendenschurze


trauen sich die Nama in den Brei, der 

aus Entengrütze, Pusteblumenflusen,

Zielwasser vom Schützenfisch,

last but not least Elastomer besteht.  


Ein Nama kann das nicht verknusen,

dissoziiert just, als mit lautem Platsch

die Köpi in die Luppe fällt. Das Bordlama namens Enrico spuckt vor 


Aufregung und wird geborgen. 

Sorgen macht man sich um einen, 

der von losen Landeleinen unter Wasser fest umschlungen. 


Mühsam wird er freigerungen, 

dabei vierstimmig gesungen. Luppenwasser in den Lungen, 

wird von Hand er ausgewrungen. 


Klappt, d.h. er überlebt, während Enrico spastisch zuckt. Dem Luftschiffkapitän sind beide Ohren bei dem Absturz abgefroren, abgesehen 


davon strahlt er, dankt den Rettern überschwänglich,

birgt aus der Kombüse tauchend eine Jumboflasche Eistee, Porree und Tapetenkleister.

Das Kaltgetränk wird rumgereicht, in der Luppe

eingeweicht der Kleister. In den Porree 

beisst der Käpt‘n, sagt „I am the best!“, dann macht mit Namahilfe er die Hülle wieder fest. 


Enrico frisst den Porreerest,

die Retter steigen in die Parkbahn ein, 

Luftschiff Köpi startet durch, und vom Lama bis zum Lurch, vom Auensee bis Halle, singen alle: „Schön ist es, auf der Welt...







Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

The biggest Arztroman ever

Willkommen in meinem neuen Tagebuch („Post-Coronik“), das sich womöglich auch in diesem virtuellen Gewölbekeller vornehmlich mit Corona befa...

Beliebte Beiträge