Freitag, 26. April 2019

Deutsche Flüsse (16): Panke



Über die Panke mag ich nicht schreiben

Zwei Vögelchen flattern die Parkwege ab

Boatengkäfig, Bunte & Kuchen in Buch

Kladdenopfer auf Hegels Grab

- ein schöner, ein schaler Versuch


Los ging’s am Bierpinsel, wippender Dost

Den Botanischen Garten beehrten wir auch

1984. Schwimmen mit märkischen Hechten

Ein Jahr lang wippt der blühende Strauch

- in braven, in brutwarmen Nächten


Wahlverwandt im Garagenpark

Ein Nashorn wirft sich auf die Flanke

Es riecht nach Yoga, Weihrauch und Ruß

Dann fällt der Schnee in die Panke

- in den süßen, den schmutzigen Fluss







Donnerstag, 25. April 2019

Deutsche Flüsse (15): Emscher



Die Emscher? Wir kennen uns ewig, waren ja beide Punks. Ich schlitzte mir damals mit der Flex Löcher in meinen Fischgrätanzug, die Emscher ließ sich von Klopapierschiffchen befahren. 

Ich zerbiss Sektgläser und schlief auf Pappkarton, die Emscher engagierte Wanderratten, die per Treidelgeschirr braune Würste durch Dortmund-Aplerbeck zogen. 

Ich spielte am Ufer Katzenmusik auf einer Kindergeige, und die Emscher onanierte dazu schaumiges Ejakulat. Verdient haben wir mit der Nummer nichts.

Dann nähte ich die Löcher im Anzug zu, wurde Ornithologe, und die Emscher unterzog sich einer aufwendigen Sanierung. Am Phoenix-See wohnen jetzt die Lamborghini-Fahrer vom BvB. 

Sind wir uns untreu geworden? Ach was. Das ist doch nur der Neid der Kindergeigen und Treidelratten. Hätten sich ja umschulen lassen können, auf Wohnzimmerdeko und Wuscheltier, woll? 

Mittwoch, 24. April 2019

Deutsche Flüsse (14): Delme



Halbfinale gegen Bayern. 34. Minute. Alleine im Hotelzimmer, mit Puls 1000. Ich kann mir dieses Spiel unmöglich anschauen. Und jetzt, genau jetzt! fällt das Tor für die Bayern. Immerhin sinkt der Puls nunmehr auf knappe 750. Erstmal durchatmen. Nicht aufregen. Ablenken. Augen zu. Ich sehe die Delme. Braun schlängelt sie sich durch den Park. Lindenblüten und zerzauste Erpel. Der Himmel ist aus dunklem Marmor. Der Schlot der Kammgarnspinnerei pafft zigarrenhafte Kringel. Florian Kohfeldt kickt eine Coladose am Ufer entlang. Ein Bürostuhl mit sechs Rollen liegt im Delmeschlick, der kleine Florian nimmt Maß, schießt die Dose mit der Pieke Richtung Stuhl, aber der ist zu weit weg, die Dose verhungert im liederlich gemähten Ufersaum. Der Schlot schaut interessiert zu, pafft dabei unkonzentriert weiter, verschluckt kalten Rauch, und die Kammgarnspinnerei beginnt zu husten. Ein furchtbarer Hustenanfall. Ganz Delmenhorst wölbt und krümmt sich, ringt nach Luft, und der kleine Florian steht Kaugummi kauend am Ufer und wundert sich. Der Delme bekommt die Husterei gar nicht gut; das Wasser schwappt über, läuft aus, alte Fahrräder und einzelne Schuhe werden sichtbar, der Schlamm wirft Blasen, es riecht faulig. Die Delmenhorster sind natürlich verwirrt, manche panisch, schreien um Hilfe, andere sind konstruktiv und bieten der Kammgarnspinnerei ihre Hilfe an. „Soll ich klopfen?" fragt die kleine Sarah Connor, aber die Kammgarnspinnerei kann nicht antworten, so sehr muss sie husten. Gefährlich schräg steht der nun nicht mehr paffende Schlot, aber er bricht nicht. Tief und laut klingt der Husten. Kettenraucher, COPD. Der Bürgermeister hat mittlerweile eine besonders große Ladung Hustensaft organisiert, zwei Tanklastzüge. Er hat Spezialbeziehungen zu einem Mitarbeiter der „Delmed", der „Deutschen Online-Apotheke". Die Feuerwehr versucht mit zwanzig Mann und einem riesigen Silberlöffel, der Kammgarnspinnerei einen Löffel Hustensaft zu verabreichen, aber es herrscht Unklarheit darüber, wo der Mund ist. Das Haupttor? Das Haupttor ist auf, der Löffel wird im Laufschritt herbeigetragen. Hustensaft schwappt über den Löffelrand. Der kleine Florian steht daneben und schaut zu. Das Spiel ist vollkommen offen. Die Fabrik hustet weiter. Der Löffel verschwindet halb im zitternden, hüpfenden Gebäude. Der Feuerwehrchef zählt: 1,2,3! Dann wird der Löffel umgedreht, der rote, klebrige Saft ergießt sich über den Fabrikboden. Mittlerweile sind tollkühne Helfer des THW ein Gerüst an der Fassade hinaufgeklettert, eigentlich für Malerarbeiten dort aufgestellt. Sie wollen das hustende Riesengebäude mit Pinimenthol einreiben, damit es besser durchatmen kann. Aber woher nehmen? Die Apotheken haben mittlerweile zu, es ist 22:02, 59. Minute Werder gegen Bayern, weiterhin 0:1. Also. Alle Delmenhorster haben ihre Hausapotheken durchforstet und bringen das benötigte Pinimenthol heran. Versammeln sich unten am Gerüst und werfen die Tuben und Gläser hinauf. Die Versuche, diese zu fangen, schlagen fehl, bis auf einen. Mit hochrotem Kopf öffnet ein THWler ... 2:0 für Bayern. Müller. Scheiße. Weiter; ist jetzt egal, die Fabrik hustet, ihr muss geholfen werden! Schnell! Kohfeld kaut weiter Kaugummi. Also, der THWler schmiert die Wand mit Pinimenthol ein. Das Gerüst wackelt. Was macht derweil die Delme? Ihr Wasser hat sich in großen Pfützen im Park gesammelt. Neue Arme haben sich gebildet. Der Bürostuhl liegt immer noch an Ort und Stelle, vor ihm die Coladose. Dann ein Riesen-Rumms: Der Schlot der Kammgarnspinnerei schwankt doller als die Baupolizei erlaubt. Die Baupolizei kommt sogleich, tatütata. Ein Baupolizist steigt aus dem polizeigrünen Bauwagen, sagt: „Baupolizei, guten Abend!" und hält eine Polizeimaurerkelle als Ausweis in die Höhe, unterseits mit der Werderraute verziert. Dem Schlot ist aber die Baupolizei egal, er kippt einfach um. Pardauz. Schlimme Sache. Die Fabrik hustet weiter. Mehr Hustensaft, los. Florian guckt zu und regt sich auf. Verdammt, kann man denn gar nichts tun? Es ist zum Heulen! DA IST DAS TOOOR! 1:2. Könnte spannend werden. Aber ein....haaaaaaaa.....oooo...2:2 ZWEI zu ZWEI! Der Schlot liegt...jetzt Elfer. Scheisse. 3:2 für Bayern. Noch zehn Minuten. War kein Elfer. Ich kann nicht mehr. Florian Kohfeld schreit. Harnik kommt rein. Er geht sogort nach vorne zum Gerüst, sammelt soviele Pinimenthol-Gläser wie möglich, steckt sie unters Trikot, klettert die Fassade hoch. Schmiert. Schreit. Die Fabrik hustet etwas leiser. Sarah Connor klopft. Im Takt von...gelb für Kruse und James. Egal. Kohfeld schreit die Fabrik an. Die Delme fliesst weiter. Das Bett füllt sich. Jetzt spuckt die Kammgarnspinnerei geräuschvoll gelbes Sekret in den roten Hustensaft, der im Haupttor eine große Lache gebildet hat. Florian Kohfeld bückt sich, kostet. Geschmackstyp Weisswurst und Breze. Kohfeld verzieht das Gesicht. Rafinha kommt. Noch fünf Minuten, höchstens. Delme. Die Quelle ist in Twistringen. Twistern, wie man sagt. Entwässert in die Ochtum. Fünf Minuten Nachspielzeit. Pizarro köpft daneben. Der Schlot liegt im Hustensaft. Der Husten klingt ab. Alles riecht nach Pinimenthol. Ein Fisch zappelt einsam im Delmebett. Eine Meerforelle. Scheitzinderei. Nee, falsch, das Wort hiess anders. Der Bürgermeister ist weg. Feierabend. Alle singen. Hejahejaho. Die Kammgarnspinnerei ist still. Sollte mal mit dem Rauchen aufhören. Die Delme fliesst wieder in ihrem Bett. Abspielzeit abgelaufen. Sarah Connor klopft weiter. Der Baupolizist packt seine Kelle ein. Das Spiel ist aus. 

Dienstag, 23. April 2019

Deutsche Flüsse (13): Eider



Ins Bisongras biss

der große Martin Böttcher

Palominos galoppieren weinend

über den gefrorenen Silbersee.

Mit Pfeil und Geigenbogen

bläst ein letztes Mal 

Intschutschuna die Harmonika.

Im Jagdgrund breitet Nschotschi

zum Grusse ihre Arme aus. 

Der Pferde Tränen - und die meinen

rollen um die Welt,

bis nach Rendsburg

an der Eider

wo Böttcher starb.

Leider, leider. 


Winnetou-Melodie

Montag, 22. April 2019

Deutsche Flüsse (12): Oster



Ostergeschichte: Maria besuchte das Grab Jesu. Es war leer. Hinter ihr stand Jesus und raunte ihren Namen. Sie erkannte ihn nicht, meinte, er sei der Gärtner. Dann schaute sie nochmal genau hin und wurde ihres Sohnes gewahr. Die Theologie nennt diesen Moment die „Mariensekunde“. Seither ist in Krimis gerne der Gärtner der Täter. Und überdies handelt es sich um die erste schriftliche Erwähnung eines Double Takes.

Ach ja; die Oster ist ein linker Zufluss der Blies in Wiebelskirchen, Stadt Neunkirchen, Landkreis Neunkirchen, Saarland. 


Freitag, 19. April 2019

Deutsche Flüsse (11): Weiße Elster



Als ich das erste Mal in Leipzig war, bei den Jazztagen 1986, erklärte mir zur Begrüßung ein Schelm in Schneejeans, dass unter uns der Dings verliefe, der Dingsbumsgraben, ein unterirdisch verlaufender Abzweig der Sowieso, und ich dachte: Wahnsinn, der spricht Deutsch, genau wie ich! Und später erhoben wir in der Moritzbastei unsere Schnapsgläser auf die Verlegung der Mauer. Statt Ost- und West- sollte sie lieber Nord- und Süddeutschland trennen. Die Stasi saß hinten am Tisch und hörte betont unauffällig zum Fenster hinaus. Und abends im Hotelbett drehte sich alles; die Mauer fiel um und bedeckte die Sowieso, von dem dieser Dingsbumsgraben abzweigte. Weg war sie. Man konnte drüber laufen, auch in den goldenen Westen, wenn man denn noch laufen konnte. Ich nicht. 



Donnerstag, 18. April 2019

Deutsche Flüsse (10): Lippe



Ein Süßwasserschwamm namens Waldi

kaufte am Sonntag bei Aldi Tomaten, 

Frühkartoffeln, Fujiyama – Salz und

eine Zahnbürste mit weichen Borsten,

per GoldCard der Sparkasse Dorsten. 


Anschließend raste er in seinem Lada

ins polizeiliche Radar. Der Wachtmeister

dachte, der Schwamm sei besoffen

und fragte betroffen: Ist denn in Hamm 

heute verkaufsoffener Sonntag? 


Ja? Ein Traum! Der Wachtmeister packte

sein Radargerät in den Kofferraum,

liess Waldi in Ruhe und kaufte in Hamm

Jesus und Esel für die Weihnachtskrippe.

Und Waldi fuhr heim in die obere Lippe.

 







The biggest Arztroman ever

Willkommen in meinem neuen Tagebuch („Post-Coronik“), das sich womöglich auch in diesem virtuellen Gewölbekeller vornehmlich mit Corona befa...

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