Alle Adern ausgebeutet, alle Böden durchgesiebt. Diamanten konnten schon damals, im 21. Jahrhundert, künstlich hergestellt werden, und was heute nicht synthetisiert werden kann, wird recycelt. Nein, Bodenschätze sind démodé; Bergwerke werden nur zu touristischen Zwecken unterhalten, als Escape rooms. Das große Ding der Jahrhundertwende sind: Blasensteine.
Große Exemplare sind begehrt als Schmucksteine (etwa als Augenweide, also in der Iris), aus kleinen lassen sich individualisierte Displays und Mangiotheken fertigen. Für Weltenbürger ohne Zugang zu KI oder WI (wohltätige Intelligenz), dafür mit der passenden Veranlagung, ist eine purinreiche Spezialdiät, unterstützt durch Power-Enzyme, die auf den Bargeldmärkten überall angeboten werden, ein gangbarer Weg zu Ansehen und Wohlstand.
Ist der Blasenstein groß genug, wird er von Mineralienhändlern auf den Messen in Antwerpen oder Xi‘an verkauft. Ein Exemplar der ersten Güteklasse entspricht einem (alten) Emissionszertifikat, mit anderen Worten: Der Spender hat ausgesorgt, von der fälligen Belobigung durch die Loge der weisen Rechenmaschinen ganz abgesehen.
Ein Problem ist höchstens die rationierte Operationskapazität: Vor den Toren Xi’ans, bis hinein in die Wüste Gobi, warten Abermillionen auf ihr Date mit dem OP-Roboter.
Weitsichtige Eltern lassen ihren Kindern bereits während der Schwangerschaft die Blase durch ein widerstandsfähigeres Kunstorgan ersetzen, damit die Mineralienzucht schmerz- und komplikationsfrei abläuft. Meine eigene Blase ist aus recyceltem Neopren - ganz was feines. Einen Stein von mir könnten Sie womöglich schon mal gesehen haben: Ludmilla (₩•₽•¥°), ja, die „Gletscherfrau aus Gibraltar", trug ihn neulich im linken Auge, von innen senfgelb beleuchtet. Ja, das war meiner.
Da staunen Sie, was? Zurecht!