Donnerstag, 2. Mai 2019

Deutsche Flüsse (24): Lech



Im Traum sah ich Füssen von oben

Dschunken versunken am Ufer des Lech

Wiesenwitwen zuppeln im Wind

Die Jalousien waren herabgelassen wie 

Unterhosen bei der Musterung

Propellergeräusch

Den Forggensee gab es noch nicht.

Ein Landmann auf einem Porschetraktor

schlich über die Via Claudia. Als er mich 

sah, hupte er Sturm. Sound wie bei den

„Waltons“. Die Ruine des Römerbades

Propellergeräusch

war mit Krautschupfnudelkonserven gefüllt.

Ein Lausbub in Lederhosen mischte das 

Blatt seines Panzerquartetts. Ich biss ins Gurkensandwich, drückte auf den Auslöser

und riss am Steuerknüppel meiner Lancaster




Dienstag, 30. April 2019

Deutsche Flüsse (23): Aller




Aller 

guten Dinge sind

Knaller

am Allerwertesten


In aller Freundschaft

faucht Pofalla

Pall Mall

Fiderallalla


Dr. Dralle beisst

in die Gartenkralle?

Nein. 

„Wietze Fuhse Wölpe“

Lachte Ise. 

Er bestellt Leipziger 

Allerlei und warmen 

Waller im Sud


Winsen Sie 

was? Jupp Derwall

fährt im Celler Loch

mit einer Kalaschnikow

Motorrad 

Milch macht

müden Hodenhagen, 

ich schaller dir eine! 


Aller, was geht?

Pigalle, Pigalle

mitten in Verden

Gürtelschnalle

Gift und Galle

Taj Mahal 

That‘s all. 

Oker?

Deutsche Flüsse (22): Neger



Die Neger, so lese ich morgens im Hotelbett, entspringt im Rothaargebirge. Sie durchfließt das Negertal, dessen Abschluss man sich als „Kar“ vorstellen dürfe, was bei mir sogleich alpine Assoziationen auslöst. Ich sehe einen reißenden Gebirgsbach zwischen Altschneefeldern gurgeln, unter Geiern, und dicke Murmeltiere pfeifen Alarm. Gespeist wird die Neger von der Namenlosen, die bisweilen auch „Namenlofe“ genannt wird. Mal abgesehen davon, dass eine Namenlose ja schlecht zwei Namen haben kann, vermute ich hier einen lispenden Anwohner als Ursache des Konsonantentauschs. Weitere Zuflüsse heissen „Fauleborn“ und Faules Siepen“, was natürlich irgendwie rotgrün versifft klingt, oder im Gegenteil rassistischen Vorurteilen folgend, oder, ganz anders, mit Faulgasen im Bachlauf zu tun haben könnte. Jedenfalls ist da irgendwas faul. Nach 17,7 km entwässert die Neger in die Ruhr, ja, so sagt man in der Hydrologie. Als Laie denke ich bei „Entwässern“ zuerst an Kaffee, Bier oder Spargelsaft, den aber die Neger gewiss nicht führt, sondern vielmehr klares Wasser von den Hängen des Klapperberges und anderer rothaariger Riesen. 

Bei der weiteren Bettrecherche stoße ich auf das bemannte Torpedofahrzeug der deutschen Kriegsmarine gleichen Namens. Der geht auf den Marinebaurat Richard Mohr zurück, den geistigen Vater dieser Waffe. Entwickelt wurde der Torpedo mit Cockpit, an dessen Unterseite ein zweiter Torpedo befestigt wurde, der über kein Cockpit, dafür aber reichlich Sprengkraft verfügte, ab 1943 in der Torpedoversuchsanstalt Eckernförde. Wichtigster Konstruktionsmangel: Der „Neger“ konnte nicht tauchen, die etwa 200 Einsätze wurden daher überwiegend nachts durchgeführt. 80 Prozent der Besatzungen kamen ums Leben. 

Weitere Kleinkampfmittel der deutschen Marine hießen: K-Projekt, Molch, Hecht, Biber, Delphin, Manta, Tarpon, Grundhai, 27, 34, 27 F, 27 G und 32

- letztere waren sozusagen Namenlose. 

Murmeltier und Geier blieben anderen Waffengattungen vorbehalten.

Auf zum Frühstück. 

Montag, 29. April 2019

Deutsche Flüsse (21): Dhünn



Zum Frühstücksei verspürte ich Appetit auf eine temporäre Nebenbeschäftigung als rheinischer Heimatdichter. 
Kölsche Mundart, oha. 
Seit Wochen hänge ich in der Domstadt herum, höre den Leuten zu - da kann es schon mal zu merkwürdigen Gelüsten kommen, so wie Schwangere sich ja auch bisweilen nach Senfgurken mit Sahnehaube sehnen, gell?
Beim Schreiben tauchten allerdings diverse Sprachfragen auf, die ich, so lautete bald der Beschluss, von einer autochthonen Fachfrau klären lassen wollte, nämlich meinem langjährigen Bodyguard Kathrin Linden. 
Zunächst der Text, wie ich ihn ihr nach seiner Fertigstellung whattsappte: 


De Dhünn ist nicht dick
De Dhünn ist kein Tünnes
Braun fließt de Dhünn
mit einem Schuss Grün

De Dhünn schunkelt munter
Vom Bergischen runter
De Dhünn wird nicht bunter
Im Gegenteil. Guiness-

farben mündet sie in die Wupper
Dünnflüssig braun. Tupper-
warentürkis ist sie oben. Man hat 
de Dhünn‘n Riegel vorgeschoben

Am Staudamm steht ein Tünnes
Ein dicker Tünnes und pupt.
Neben ihm hampelt ein 
Spatz, der piept. 

De Dhünntalsperre ist voll
De dicke Tünnes ist auch voll.
Tünnes und Spatz 
piepen und pupen harmonisch

De dicke Tünnes sagt:
„In Kölle, da wohn isch"
De Spatz fliegt nach oben
De Dhünn fliesst nach unten

Richtung Leverkusen
De Tünnes isst eine Pampelmuse
Sie scheint ihm zu munden
Der Saft tropft in de Dhünn

De Dhünn wird verdünnt.
Der Spatz ist weg
De Tünnes geht zum Bus. 
Schluss.


Voilà. Kathrin ging sogleich an die Arbeit, und nach einem Viertelstündchen durfte ich mich über die folgende Übersetzung freuen:


De Dhünn is nit dick
De Dhünn ist keine Tünnes
Braun fleeß de Dhünn
mit einem Schoss Jrön

De Dhünn schunkelt munter
Vom Bergischen erunter (eig. eraf)
De Dhünn weed nit bunter
Im Gegenteil. Guiness-

farben mündet se in de Wupper
Dünnflüssig brung. Tupper-
warentürkis is se bovven. Man hätt 
de Dhünn‘n Riegel vorjeschoben

Am Staudamm steht en Tünnes
Ne dicke Tünnes und pupt (wenns pupsen heissen soll dann is et futze oder möffe).
Neben ihm hampelt en 
Spatz, der piept. 

De Dhünntalsperre ist voll
De dicke Tünnes ist och voll.
Tünnes und Spatz 
piepe und pupen harmonisch

De dicke Tünnes säht:
„In Kölle, da wohn isch"
De Spatz fliegt noh bovven
De Dhünn fliesst noh unge

Richtung Leverkusen
De Tünnes isst ne Pampelmuse
Se scheint ihm zu munden (schmecke?!)
Dä Saff tropft in de Dhünn (dä Saff is in de Dhünn am droppe?!)

De Dhünn weed verdünnt.
De Spatz ist fott
De Tünnes geht zum Bus. 
Schluss.


Was soll ich sagen? Et hat noch immer johtjejange! 
Welch wunderbarer Wohlklang quillt aus diesen weichen Zeilen! 
Herzlichen Dank, liebe Kathrin. 


Sonntag, 28. April 2019

Deutsche Flüsse (20): Wertach





Der Augsburger Augustusbrunnen 

ist mit Pflockweibern verziert

der Fachmann nennt sie „Hermen“

Aus ihren blanken Busen sprudelt Wasser

Brunnen- wie auch Busenfreunde schwärmen:

Juhu!

Die Barbusigen heissen

Singold, Wertach, Brunnenbach und Lech

Sie sind aus schwarzem Messingblech legiert

Oben steht der Kaiser, der mit harter Hand regiert

„Adlocutio“, so nennt man diese Geste 

bei der Ansprache ans Heer

Ein bisschen wie Mario Barth, wenn er

„Weeste, weeste?“ sagt. 

„Mario wer?“

scheint die Wertach nachzufragen, 

diese Unschuld aus den Bergen, leer 

der Blick, höchstens ein bisschen 

Unbehagen könnte man in ihm vermuten

Kein Wunder, wenn dir Wasser 

aus dem Busen quillt. 

Spuckmamillen: Selten sieht man solche

im Repertoire des internationalen Porno

Augustus, der in Nola, Mezzogiorno,

starb, stand, so sagt man, mehr auf Dolche

und auf Cola, die er, wenn mit ersteren er

Kuckucksuhren schnitzte, literweise soff.

Neinnein, suppende Damenbrüste sollten eher 

Schwabenblicken schmeicheln

Wahrscheinlich gab es Zoff mit Ehefrauen

Womöglich musste manch Betrachter heucheln

Wer hat sich diesen Brunnen ausgedacht?

Mario Barth? Russ Meyer? Stand die 

Squirting-Sitte bei der Wertach Nässe Pate?

Wo recherchiert man derlei? 

Venus-Messe? Kam das schon bei Arte?

Gibt’s zu diesem Thema Foren? Youporn?

Falls mitnichten, hab‘ ich mir geschworen, 

unsern Wissensstand zu ändern und

die Pflockweiber bekannt zu machen,

so bekannt wie Männchen Piss, sprich

den Brüssler Bub zu gendern. 

Wie also popularisieren überzeugte

Feministen solche Wesen?

Fürs erste reicht‘s, wenn Sie,

verehrte Leser, diese Zeilen

lesen. Danke. 


P.S.: Meine Mama schickt mir soeben nach Lektüre dieses Bild, geknipst in Traudmannsdorf bei Meran:










Samstag, 27. April 2019

Deutsche Flüsse (19): Havel



In einem Sommer wollte ich alle Berliner Badegewässer beschwimmen. Mit Krumme Lanke, Schlachtensee und Grunewaldsee ging’s los - das war naheliegend, weil ich in jenem Sommer am Schloßparktheater probte und spielte, also im Südwesten Berlins. Gediegene Waldsäume und saubere Sandgründe unter bernsteinfarbenem Hautschmeichelnass. 

Mit der Straßenbahn fuhr ich bald darauf zum Orankesee, früher ein Refugium für verdiente Mitarbeiter der Stasi. Als ich mich jener Bojenkette näherte, die den Badebereich begrenzt, wurde ich vom Bademeister, der meine Absicht, den gesamte See zu durchmessen, offenbar mithilfe eines Fernstechers antizipiert hatte, per Flüstertüte zurückbeordert - und ich meinte hierin eine gewisse geheimdienstliche Kontinuität zu erkennen. 

Vom Weißensee blieben mir vor allem die Skulpturen am Ufer im Gedächtnis, friedliche, sanfte Bronzen, und nicht weniger friedliches, sanftes Damwild könnte ich dort auch gesehen zu haben - wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, streichelfeindlich eingezäunt. Der Hundekehlesee gab sich schmuddelig wie ein billiges sofioter Stundenhotel, den Müggelsee zierte müffelnder Algenschlamm. 

Zu den Höhepunkten zählten mehrerer Ausflüge, die ich schwimmend auf der Havel zurücklegte, beziehungsweise ihren ausgeuferten Seitenarmen: Einmal zog ich mich bei der Loretta aus, stopfte die Kleidung in meine Schleppboje und zog diese quer über den segelbootstrotzenden großen Wannsee zum berühmten Und-dann-nüscht-wie-raus-Strandbad. Wirklich splendid dort: die Vielzahl der Strandkörbe vor der Klinkerfassade, die länger als die Beine der Lollobrigida ist, modern, mondän und maritim. 

An einem anderen Tag startete ich ebenfalls bei der Loretta, und ein aus einer Brötchentüte Pattex schnüffelnder Jugendlicher, dem ein ganzes Hosenbein fehlte, schaute benebelt zu, wie ich in die Fluten stieg. Wahrscheinlich dachte er, ich sei eine Halluzination. Diesmal schwamm ich den kleinen Wannsee hinauf, unter trübem Himmel, ein schmales Stück Wasser zwischen sattgrünen Gärten, und in vielen sieht man originell gestaltete Bootsgaragen. Im Slalom zwischen den Teichroseninseln hindurch schlängelte ich mich zum Pohlesee. Der Blick weitet sich dort, und gegen den Durst genehmigte ich mir ein paar Schluck Seewasser. Schmeckte zart nach Terpentin, wie alle Fließgewässer in Berlin. Warum, konnte ich nie klären. An der Kohlhasenbrücke stieg ich aus und ging am Ufer entlang zurück zum Ausgangspunkt, vorbei an jener Stelle, an der Heinrich von Kleist erst seine Geliebte und dann sich selbst erschoss. 

Ein paar Tage später stieg ich nicht weit entfernt in den Griebnitzsee, bei dem es sich limnologisch um dasselbe Gewässer handelt, und stellte mir selber vor, mit Schusswaffen traktiert zu werden, verlief doch die Grenze zwischen DDR und Berlin (West) hier just durch die Seemitte. Theaterkollegin Anne Rathsfeld hatte in der hiesigen Schauspielschule studiert, direkt hier am Ufer, und sie war 1989 eine der nur 12 Schauspielerschülerinnen im letzten Jahrgang, die sich in den Pausen im Garten der Villa zum Rauchen trafen und sehnsüchtig rüberäugten, direkt unterm Wachturm, von dem die Grenzer der Arbeiter- und Bauernmacht wiederum aufmerksam hinunteräugten. Bemerkenswert am Ein- und Ausstieg ist hier der besonders grundlose, saftig-saugende Schlick, der mich sogleich bis zur Hüfte verschwinden ließ, ausserdem der rege Binnenschiffsverkehr.

Den schönsten Schwimmtörn erlebte ich allerdings, nachdem ich einige Tage später in Potsdam an der Nuthestrasse in die Havel stieg, und bei mittlerem Landregen zur Glienecker Brücke brüstelte, der berühmten Agenten-Austausch-Anlage (starring Tom Hanks), mit bestem Blick auf Schloß Babelsberg und die sagenhaft arkadisch gestaltete Uferpartie. Sattsehen geht nicht, im Gegenteil, je mehr ich meinen Hals nach rechts renkte, ins preußische Paradies, desto weniger wollte ich wieder raus aus der lauwarmen Havel mit ihrem beruhigenden Dröpje-for-Dröpje-Muster samt sonorem Soundtrack. 

Noch fehlen mir einige Gewässer in meiner Berlin-Sammlung, etwa der Tegeler See mit seinem berüchtigten Riesenwels, der dort allabendlich Möpse, Mütter und vor allem Kinder frisst, und, gleichsam als Krönung, eine Umrundung der Museumsinsel in der Spree. Ist natürlich wegen der vielen Dampfer in der engen Spundwandgasse streng verboten, darum müsste und würde ich die Sache auf einen hochsommerlichen Sommermorgen legen. Start mit dem ersten Sonnenstrahl. 

Würde? I wo. Werde! 

Deutsche Flüsse (18): Jade



Stumm dümpelt Gordon, die Badeente

auf der Jade dem Busen entgegen.

Alt ist sie, schon seit 10 Jahren in Rente.

Ist sie ein Feriengast? Von wegen!

 

Sie wohnte bis dato in Gelsenkirchen

gemütlich am Rand einer Badewanne 

gemeinsam mit anderen Quietsche-Tierchen

in der Obhut von Marvin, Karl-Heinz und Susanne.

 

Dann hieß es: "Urlaub! Es geht in den Norden!"

und Marvin packte das Tier in die Tüte.

Mit Hi-man und Dragonball Z reiste Gordon,

nicht ahnend, was ihm am Urlaubsort blühte.

 

Die Ferienwohnung war nahe der Jade,

an deren Ufer nach knapp einer Woche

Hi-man und Dragonball Z an der gedachten Wade

Gordon gewaltsam ergriffen und durch ein Loch

 

in der Tüte ins Freie verschleppten, bis an den Fluss.

Es geschah abends, am Freitag, dem vierten.

Bevor die Täter entkamen, per Bus,

schlugen sie Gordon k.o., penetrierten 

 

die leblose Ente und anschließend schmissen

die Mörder ihr Opfer ins moorige Wasser.

Das Tatmotiv? Soweit wir Ermittler zur Stunde wissen

sind Hi-man und Dragenball Z Entenhasser.

 

Vorsicht! Die Täter sind Actionfiguren

aus Hartgummi, und ihre Schultern sind breit.

Wir wissen nicht, mit welchem Bus sie fuhren.

Falls Ihr sie seht, sagt uns Bescheid.

Danke!


Jade 

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